Das Training für Frankfurt beginnt

Den ersten langen Lauf über 30 Kilometer habe ich hinter mir. Ein Tempo unterhalb meiner Vorgabe von 5:30 Min./je km mit einer Endbeschleunigung um die 5:00 Min./je km. Gesamtschnitt: 5:13 Min./km. Das Tempo ist somit wesentlich langsamer als ich be im Hunsrück beim Marathon angehen werde. Schon ein komisches Gefühl, das Tempo deutlicher zu reduzieren als beim Training. Die Gefahr doch schneller zu laufen ist groß, aber notfalls setze ich mich in Kastellaun in eine Pommesbude und mache eine Pause :-)
Vor kurzem war der Reiz so schnell zu laufen wie möglich, dieses Mal liegt der Reiz in den gleichmäßig langsamen Lauf.

Bewegender Abschied

Es war eine bewegende Zeremonie: 3 Paar Laufschuhe wanderten schweren Herzens im Alt-Schuhcontainer.  Welcher Läufer kennt das nicht, sich von seinen "alten Schlappen" zu trennen? Man hat so viel mit ihnen erlebt, positive wie negative Erinnerungen: Den schweren Marathon, den Trainingslauf im strömenden Regen oder den Lauf in Schneematsch. Doch in den letzten Wochen war der Zeitpunkt gekommen Abschied zu nehmen. Wie bei einem abgefahrenen Autoreifen, war unter diesen Schuhen kein Profil mehr. Gebe es eine Läuferpolizeikontrolle, so hätten sie mich aus jedem Wettkampf oder jeder Trainingseinheit herausgenommen. In der kommenden Woche sind weitere 3 Paar an der Reihe, die ein letztes Mal in Wittringen laufen werden und dann zu ihren Freunden im Container bei Kaufland landen. Doch der Schmerz wird nicht von langer Dauer sein, denn irgendwo ob bei Addi oder Bunert stehen bereits neue Freunde, die darauf warten das ich ihnen Wittringen zeige.

7. Hunsrück-Marathon

Ein Trainingsmarathon sprich ein langer Lauf für Frankfurt sollte es werden, ein anstrengender Hitze-Marathon ist es geworden. Die Zielzeit von 3:45:06 Std. passt zwar mit meiner Vorgabe, jedoch habe ich in diesem Marathon mehr Kraft gesteckt als ich wollte.

Mit einen 30er und zwei 35er im Gepäck ging es am Freitag-Mittag nach Budenbach in der Nähe von Simmern. Eins steht fest, egal zu welcher Veranstaltung wir zukünftig an einem Wochenende hinfahren werden: Nie wieder Freitag-Mittag. Die Autobahnen waren einfach nur dicht, je näher wir nach Rheinland-Pfalz kamen um so wärmer wurde es im Auto. Eine Baustelle nach der anderen, alle paar Kilometer ein Stau. Der längste Abschnitt den wir ohne Unterbrechung fuhren war vielleicht 15 Kilometer.
So erreichten wir unsere Ferienwohnung erst am späten Nachmittag. Diese war einfach traumhaft schön. In Mitten eines Dorfes, wo der Hund begraben ist: Nicht ein Geschäft, nicht ein Kiosk - nichts. Lediglich eine Pizzeria, ansonsten eine Stille, wo das Piepen der Pulsuhr schon als Ruhestörung zu sehen ist.
Eine 65 Quadratmeter große sehr moderne Wohnung mit einer Terrasse (Ausblick auf die Landschaft Foto 1) . Nach dem Auspacken ging es, obwohl man eigentlich von der Fahrt k.o. war, durch die Landschaft. Wie immer typisch für uns - wir brauchen den sofortigen INPUT !!
Auf dem Rückweg nahmen wir uns noch eine Pizza mit und erfuhren dort, das wir Brötchen allenfalls im 7 Kilometer entfernte Simmern erhalten würden. Also musste eben Samstagmorgen das mitgenommene Toastbrot dran glauben.
Am frühen Samstagmorgen ging es dann auf unsere Trainingsstrecke Richtung des Nachbarortes Horn und zurück. Schon hier merkte man, das es nach dem frischen Frühnebel ein sehr heißer Tag werden wird. Aber was solls: Hauptsache morgen wird nicht so heiß. Hier probierte ich zum ersten mal meine "gesponserten" Asi-Socken von CEP aus. "Mmmh, nach den kurzen Lauf konnte ich noch nicht beurteilen, ob sie gut sind. Mal morgen abwarten!"  

Nach dem Frühstück ging es in Richtung Simmern, dem Hauptveranstaltungsort. In einem Strassen-Cafe ließen wir die Seele baumeln und schauten den Aufbauarbeiten zu. "Lolek und Bolek" bauten die Bühne auf. So hätte man sie jedenfalls nennen können. Der eine ein ungeduldiger Klugscheißer, der andere stellte sich ein wenig blöd an. Auf zur Ausgabe der Startunterlagen. Ein toll gefüllter Kleiderbeutel, da können sich andere Veranstalter eine Scheibe abschneiden. Ob Flaschenöffner, Kugelschreiber, Energieriegel, kleines Duschgel, Gelship, Trinkpulle, isotonisches Getränk, kalorienarmes Orangengetränk, Finisher-T-Shirt - die Tüte war gut gefüllt. Auch ein Gutschein für die anschließende Pasta-Party war dabei. Wenn man sich rechtzeitig anmeldet, zahlt man für diesen Marathon 25 Euro. Wenn man jetzt noch die Medaille dazu rechnet - wo gibt es so ein Preis-Leistungsverhältnis ?
Von einem Organisator und Mit-Läufer erfuhren wir, das die Strecke zu Beginn sehr schwierig wäre, denn auf den ersten Kilometern geht es sehr hügelig zu und von Kilometer 4 nach 5 erfolgt ein langer Anstieg. Hier kann man sich schon zu Beginn verausgaben.


Mittlerweile zeigte die Temperaturanzeige in der Innenstadt über 30 Grad an. Toll, das war nicht die Vorhersage, die wir mitgenommen hatten von zu Hause. Wenn es morgen so heiß wird: Prost Mahlzeit. Aber wer sich zu dieser Jahreszeit einen Marathon aussucht, hat selber Schuld.
Gegen 16.30 Uhr ging des dann zur Pasta-Party ins Festzelt. Die Bolognese-Soße schmeckte uns so gut, das es nicht bei einer Schale blieb. Voll gefuttert ging es wieder in Richtung Ferienwohnung um schon mal es für den morgigen Tag vorzubereiten. Ab in die Falle, denn um 7:55 Uhr sollte uns schon der Bus abholen und nach Emmelshausen bringen. So hieß es auch sehr früh raus, Frühstücken und Richtung Simmern. Eine dicke Nebeldecke mit einer Sichtweite von kaum 50 Metern. Vielleicht haben wir ja Glück und es wird nicht so heiß. Um 7:45 Uhr fuhr ich dann mit dem 1. Shuttle-Bus zum Startort. Angelika musste noch einige Zeit auf ihren warten, der sie nach Kastellaun bringen sollte. Je näher wir nach Emmelshausen kamen umso mehr blickte die Sonne durch: Warte noch ein paar Stunden, dachten sicher die meisten. Um 8:15 Uhr trafen wir in Emmelshausen ein. Kaum Zuschauer, aber verständlich um diese Uhrzeit. Ein wenig Einlaufen und schon störte mich ein Teil: Der Trinkgürtel - nie Probleme mit gehabt, heute rutschte dieses Teil ständig. Jetzt ist zu spät, wenn musst Du dieses Dingen eben den ganzen Marathon schleppen.
Diesmal stellte ich mich im hinteren Teil des Starterfeldes, die Zielzeit sollte ja nicht so schnell sein. Den Startschuss oder besser gesagt, das Herunterzählen des Startes nahm Willi Wülbeck vor und schickte uns auf die Reise. Zunächst ging es steil bergab durch den Ort. Alles düste an mir vorbei und irgendwie kam es mir vor, als ob fast keiner mehr hinter mir wäre. Nach ein paar hundert Meter hatte ich dann "Claus-Peter" neben mir. Er ist in meinem Alter und kommt aus der Gegend. So erzählte er mir alle paar Meter, wo und wer hier in diesen Ort wohnt ("Hier schläft meine Tochter immer bei ihrer Freundin u.s.w."). Im Gequassel merkte ich das ich mich mit seiner Geschwindigkeit mitreißen ließ! "Du wir sehen uns später, so schnell wollte ich nicht angehen!" meinte ich zu ihm. "Jaja - sag schon - ich quassel Dir zu viel!" meinte Claus. "Nein, ich wollte diesen Marathon nur als Trainingslauf sehen und da bist Du mir zu schnell!" erwiderte ich ihm. Was ja auch die teilweise Wahrheit war. Bei Kilometer 3,7 kam dann auch schon besagter Anstieg und ich nahm das Tempo noch mehr raus. Bis kurz nach Kilometer 5 zog sich dieser hin. Für einen Anfang eines Marathons wahrlich unangenehm. Danach ging direkt auf dem Schinderhannes-Radweg, den wir bis zum Ziel nicht mehr verlassen sollten. Der Schinderhannes-Weg ist benannt nach dem "Räuberfürst" Schinderhannes, der im 18. Jahrhundert hier sein Unwesen trieb. Bestimmt kein freundlicher Geselle damals, deshalb machte man ihn auch im Jahr 1803 ein Kopf kürzer.
Ich ließ es ruhig angehen und vertrieb mir Zeit mit Zählen der Läufer, die mich überholten. Mal sehen, wieviel ich wieder zum Ende einholen werde?
Die Strecke war nun ideal zu laufen, eine schöne asphaltierte Strecke durch den Hunsrück, jedoch sehr wenig Publikum. Zwischendurch erblickte ich in ein paar hundert Meter vor mir "Claus". Er hatte neuen Anschluss gefunden und quasselte diejenigen zu. Sein Tempo war nun wesentlich langsamer und aufschließen zu ihm wollte ich eigentlich nicht. So langsam kam die Sonne immer bedrohlicher durch, auch wenn einige Abschnitte schattig waren - wir waren bereits am Schwitzen ohne Ende. An jeder Verpflegungsstation nahm ich was zu mir, ging ein paar Meter bevor ich weiter düste. Der Trinkgürtel geht mir immer mehr auf den Nerven, schon zweimal ist eine Pulle herausgerutscht und ich konnte zurücklaufen.
Irgendwie eine seltsame Strecke, dachte ich mir. Alle paar hundert Meter liegt hier eine zerfleischte tote Maus !!! Bei uns sind es scheinbar die Nacktschnecken die in Wittringen rum liegen, hier die Mäuse ! Kilometer 15, es lief prima - nach den Zwischenzeiten her würde alles auf eine 3:40 bis 3:45 herauslaufen. Alles im Soll !! So langsam war auch der Zeitpunkt angekommen, wo ich mehr überholte, als andere mich. Weitere Läufer verabschiedeten sich von Claus und schon suchte er weiter Anschluss. Naja, manche können scheinbar nicht alleine laufen :-)
Bei der Verpflegungsstation 20 ist es mir egal, er hält an und ich trinke laufend aus meiner Pulle und ziehe an ihn vorbei. Aber im Hintergrund hörte ich ihn weiterhin, an der Verpflegungsstation hatte er neue Freunde gefunden. Der Halbmarathon war geschafft: 1:50 Std. ! Noch ein paar Kilometer dann würde ich im Ort des Halbmarathonstarts Kastellaun auftauchen und dort würde ich auch bei Kilometer 27 Angelika treffen, die dort am Start steht. Der Gedanke beflügelte und ich wurde ein wenig schneller. Was nicht so doll war zu diesem Zeitpunkt war der Gedanke an Kilometer 28 von Steinfurt. Hier hatte ich meine starken Wadenkrämpfe. Doch bisher keine Spur davon ! Lag es wirklich an meinen neuen "Asi-Socken"? Irgendwann sollte es bergab gehen, bis jetzt merkte ich noch nichts davon. Die Strecke war nicht so schwer zu laufen, jedoch immer leicht hügelig.
Kilometer 27 war vorbei und ich erblickte immer mehr Halbmarathonis, die sich warm machten - aber kein Startbereich ? Sollten wir wirklich nur an Kastellaun vorbeilaufen ? Doch von weiten konnte ich nun die Startermasse hören und da sich das Marathonfeld so auseinander gelaufen hatte, bekam jeder der hier vorbei lief einen dicken Extra-Applaus. Eine große Läufermasse doch an der Absperrung sah ich trotzdem meinen Schatz und gab ihn einen dicken "Schmatzer". Jetzt war das Publikum noch mehr am gröhlen. Gänsehaut pur !! Aber hier ließ ich mich auch ein wenig zu viel mitreißen und wurde zu schnell !! Also viel Tempo raus ! Klappte nur kurz, denn jetzt ging es teilweise bergab ab und man ließ sich leicht zum schneller werden verleiten. Kilometer 29 in 4:47 Min.! Mensch, was soll der Mist! Das Bergablaufen war teilweise schwieriger als das bei Anstiegen. Bei Kilometer 30 merkte ich das dieser Marathon doch mehr anstrengte als mir lieb war. Ich machte es mir zwar an der Verpflegungsstation gemütlich und ging ein paar Meter, doch das Anlaufen war nunmehr viel schwieriger. "Geh einfach zwischendurch und ruhe Dich aus, Du wolltest Dich nicht ganz verausgaben!" Den Gedanke hatte ich immer öfter und immer öfter ging ich ein paar Meter durch die "knallige Sonne". Mittlerweile müssten es Temperaturen von 26 Grad gewesen sein, in der Sonne sicher noch heftiger ! Vor mir sah ich immer mehr Läufer, die nun gingen. Also lief ich ein paar hundert Meter, überholte und dachte mir: "Dafür hast Du Dir jetzt auch eine Pause verdient!". So zog es sich die nächsten Kilometer hin, am laufen waren die wenigsten. Bei Kilometer 36 überholte mich dann Claus, aber diesmal alleine. Ich ließ ihn ziehen - den konnte ich jetzt nicht auch noch gebrauchen.  Neben mir zwei Spanier, die mich auffordern: "Come on!" und zwei Kilometer laufe ich mit ihnen zusammen. Der zweite Spanier wirkt fertig, lässt sich aber von seinem Kollegen mitziehen. Am Verpflegungspunkt um Kilometer 40 lasse ich sie ziehen, die Kraft habe ich nicht mehr. Keine Wadenkrämpfe, aber ich platt ohne Ende. Bei Kilometer 41 was ganz fieses: Es geht ca. 200 Meter steil bergauf und dort steht eine Fotografin. "Nee, gehend auf dem Foto ? das ziehst Du jetzt durch!" "Booh was schnell meint sie, Wahnsinn!" "Ja? meine ich  - na dann habe ich mir jetzt auch eine kleine Pause verdient. Einen  Moment stoppe ich ab, aber schon wird man vom Publikum animiert weiter zu laufen. Noch ein paar hundert Meter, ich höre im Hintergrund das der 1. Halbmarathoni eintrifft und mich überholt. Es blieb auch der einzige: Naja, ich hatte ja auch rund eine halbe Stunde Vorsprung :-)
Geschafft ! Aufgrund der großen Abstände wird jeder Marathoni durch den Moderator namentlich aufgerufen. Ein tolles Gefühl - doch ich bin froh im Ziel zu sein!
Sofort entdecke ich im Zielbereich einen Stand von Krombacher und ziehe mir sofort zwei Flaschen eiskaltes Alkoholfreies rein. "Mann tut das gut !" Ich schaue auf die Temperaturanzeige: Mittlerweile sind 28 Grad ! Nach weiteren Getränken hole ich meinen Kleiderbeutel ab und begebe mich erneut auf die Zielgeraden. Hier kam keiner frisch herein, jedem merkte man die Strapazen an. Auch Angelika kam schließlich völlig erschöpft ins Ziel, aber dazu mehr in ihrem Lauftagebuch!
Die Endzeit war genau die, die ich Laufen wollte - doch zufrieden war ich in keinster Weise, denn so verausgaben wollte ich mich eigentlich nicht. Ich stellte mir die Teilnehmer des Allgäu-Marathons vor: Wenn die diese Temperaturen hatten und wesentlich heftigeren Anstiegen ? Heute hätte ich diesen Allgäu-Marathon bestimmt nicht geschafft. Deshalb denke ich, wird dieser als Ganzen nächstes Jahr sicherlich noch zu früh für mich kommen. Vielleicht gehen wir ja nächstes Jahr nochmals diesen Hunsrück-Marathon an.
Den darauf folgenden Tag nutzten wir noch um die Umgebung kennen zu lernen. Wenn man einmal hier ist, so wollte man auch Kastellaun und Burg Eltz an der Mosel sehen. So verrückt können nur wir beide sein, am anderen Tag wieder durch die Wälder zu wandern !!

68. Wettkampf Datum Distanz Zeit Geamtplatz AK-Platz
  26.08.2007 Marathon 3:45:06 Std. 93. Platz