Hermannslauf

 

Jedes Jahr eine neue Herausforderung

  

Zum 7. Mal den „Hermann bezwungen“ !Normalerweise beginnt man mit dem Training für einen ambitionierten Hermann-Lauf bereits im Dezember. Man kann den Hermannslauf auch mit weniger Aufwand sicherlich meistern, aber es kommt immer darauf an was man sich vorgenommen hat.

Bisher begann ich im Januar, hatte einige profilierte Läufe und Trainingseinheiten und konnte immer in den Bereich um 2:30 Std. laufen. Dies ist auch die Grenze um in Startblock A zu gelangen. So steht mein Ziel auch schon immer fest. Das Training begann durch meine Verletzung aber leider sehr spät und bis auf dem Klippenlauf waren weder profilierte Wettkämpfe noch Trainingsläufe auf dem Programm. In den vergangenen Jahren war die Waldlaufserie in Essen immer der Einstieg. So hieß es das Beste draus machen, Abstriche wollte ich nicht machen – Ziele brauch der Mensch.

Nach den letzten sonnigen Tagen, war die Wettervorhersage für den Hermannslauf eine Katastrophe. Man sprach von Frost und Schnee. Als dann noch die ersten Bilder Samstagsnachmittag von der Strecke kamen war man schon geschockt. 

Der Wecker morgens ging schon diesmal um 4:15 Uhr. Ganz schön heftig jetzt die Anreise aus Raesfeld. Gegen 5:20 Uhr ging die Fahrt los und um 7:10 Uhr wollten wir eigentlich im üblichen Parkhaus für den Lauf ankommen. Fehlanzeige! Das Parkhaus war geschlossen. Wir waren nicht die einzigen, die überrascht waren. Überall durchkurvten Läufer mit ihren Fahrzeugen durch die Seitenstraßen von Bielefeld. Die Stadt ist schon seit Jahren eigentlich immer eine Baustelle. Umso spannender ist es ein Parkplatz zu finden. Wir waren früh da und hatten Glück. Diejenigen, die später anreisten waren da sicher ein wenig mehr geschockt.

Die Startnummern abgeholt trafen wir noch Conny und Franz und plauderten ein wenig. Ein Kaffee getrunken in der Cafeteria und dann ging es zurück zum Auto. Kleiderbeutel packen! Was gar nicht so einfach war, denn dem Wetter nach musste man neben Duschzeug auf jeden Fall Wechselkleidung haben. Aber die Laufschuhe sollten auch noch in den Beutel. Sollte es nämlich vorher wirklich am Hermannsdenkmal schneien oder regnen, sollte man schon in trockenen Schuhen und Kleidung starten. In Bielefeld war noch strahlender Sonnenschein, aber als wir gegen 8:35 Uhr im Shuttlebus stiegen wurde es von Kilometer zu Kilometer immer mehr düster.

Oben am Denkmal angekommen vergeht die Zeit wie im Flug. Man meint, man wäre so früh, aber da man früh im Startblock stehen sollte um einen guten Platz zu bekommen, das Umziehen an irgendwelchen Bänken ein wenig länger dauert und mit Sicherheit noch mal zur Toilette geht, ist es bis zur Kleiderbeutelabgabe nicht lang. 9:15 Uhr angekommen am Denkmal, 10:30 Uhr wurde der Kleiderbeutel aufgegeben und gegen 11:00 Uhr gings dann für Startblock A los.

31,1 km mit wechselnen Untergrund von Asphalt, Schotter, Beton, Waldboden bis zu Sand. Die Strecke bietet alles. Das ist auch eine der Herausforderungen.

Meine 10 km-Splitts hießen 47 Min., 48 Min. und 50 Min. plus Rest Rennen was geht! In jedem Splitt sind Anstiege drin, im Letzten die berüchtigten Treppen sowie der Anstieg zum eisernen Anton.

Man beginnt auf Waldboden leicht ansteigend um das Denkmal herum bevor es 2 km mit rund 20 % Gefälle steil bergab auf Asphalt geht. Wer hier schon überdreht und die kalten Muskeln zuviel abfordert, verliert hier schon den Wettkampf. So sehe ich bei km 1,5 den ersten aussteigen, der sich den Oberschenkel hält, bei km 2,5 hat sich der nächste auf den nun beginnenden leichten Schotterweg den Fuß verdreht.

Beim Hermannslauf muss am gerade bei den Abwärtslaufenden Passagen aufpassen. Ich muss auch kurz heraus in die Büsche - wohl zuviel getrunken. Dumm, das Feld zieht erbarmungslos an einen vorbei. Hier verliere ich schon früh einige Sekunden.  Nun heißt es schon eine gute Position suchen, denn ab km 4 läuft man einen schmalen Trampelpfad. Man kann wählen – Trampelpfad – ohne Chance zu überholen oder rechts davon Sandboden, was nicht einfach zu laufen ist und schon viel Kraft kostet. Ich wähle Trampelpfad und ich komme immer wieder ins Stocken. Was wählt ist falsch!

Nach der 1. Verpflegungsstelle geht’s den Ehberg hoch. Ich bewältige diesen gut und bin zufrieden. Nun geht’s auf die Panzerstraße auf Betonboden. Tolle Stimmung hier, die einen pusht, denn hier geht’s immer leicht ansteigend. Von da aus wieder rechts im Wald rein über Waldboden und Schotter. Kilometer 10 ist bei 46:48 Min.! Voll im Soll, ein Gel habe ich hier auch genommen, aber ich bin schon ganz außer Puste.

Da meine Wade und mein Knie in den letzten Tagen wieder mehr Probleme machen, möchte ich kein Risiko eingehen und lass es laufen. Manchmal geht’s steil abwärts und man versucht ein wenig Zeit wieder raus zu holen. Zwischendurch fängt es an zu schneien. Die Strecke kommt mir in diesen Jahr mehr ramponiert vor. Baumabfällungen und durch den Regen eine ausgewaschene Strecke bringen viele Steine und Wurzeln zum Vorschein. Man muss vorsichtiger Laufen. Auch der heutige Wind an manchen Stellen ist nicht ohne. 

Heute habe ich mit dem Brooks Glycerin wirklich den besten Schuh für die Strecke gewählt. Es geht so langsam zum Tönsberg. Dieser steht wie eine steile Wand vor einen. Ich versuche jedes Jahr so weit wie möglich zu laufen, aber nach einigen Metern ist meist Schluss. Es ist eine Mischung aus aufgehen und traben. Klappt meist ganz gut, aber man lässt an diesem Berg sehr viel Kraft.

Nun geht es Schlag auf Schlag, man ist oben und nun geht es nach Oerlinghausen, eine Stimmungshochburg. Wer das noch nicht erlebt hat, ist selber Schuld. Schon dafür allein lohnt sich hier zu laufen. Vor Oerlinghausen geht es steil bergab über Kopfsteinpflaster und auf einmal überrascht uns ein starker Schneeschauer. Das steile Kopfsteinpflaster ist nicht ungefährlich und fast jeder Läufer wählt rechts eine Regenrinne um gut und schnell herunter zu kommen.

Schon vor Oerlinghausen stehen hunderte von Menschen, im Ort mögen es einige tausend sein. Wahnsinn! Ich nehme mein 2. Gel und düse weiter unter tosenden Applaus. Es schneit ohne Ende und ein Stimmungsnest außerhalb des Ortes spielt wahrhaftig „Last Christmas“. Wir haben Ende April ! Ich erreiche Kilometer 20 mit einer Zeit von 1:37, jetzt schon 2 Minuten über meine Vorgabe. Ich bin ein wenig geknickt, denn jetzt kommt das Schopketal wo ich meist Zeit verliere. Und so ist es auch, ich muss ein paar Schritte gehen, komme aber schnell immer wieder ins Laufen und hole die immer ein, die mich gerade überholt hatten.

Bei km 22,5 moderiert Jochen und wir begrüßen uns. Nun stehen die Lämmershagener Treppen an. Treppen, die kaum einer laufend hochkommt. Die Treppen sind weit auseinander, einfach schwierig hier ein Rhythmus zu finden. Auch hier verliere ich wieder viel Zeit, dass ging die letzten Jahre besser. Der eiserne Anton klappt einigermaßen gut und ich rechne hoch und komme auf eine Zeit von 2:35 bis 2:37 Std. ! Wenn….wenn…ich nicht noch versuche richtig Gas zu geben. Meist ging das nicht, aber irgendwie wollte ich mich nicht so ergeben und eine Zeit wie im Vorjahr laufen. Die manchmal steilen unebenen Abwärtspassagen auf Waldboden gehe ich volles Risiko an, so schnell wie schon lange nicht mehr. Seit meinen Sturz beim Rennsteiglauf im letzten Jahr hatte ich mir das nicht so getraut. Heute renne ich volles Tempo, aber auch konzentriert mit Blick auf dem Untergrund.

Ich hole wahrhaftig auf, auch wenn mich die weiteren Treppen hinter „dem Anton“ nochmals ausbremsen.
Weiter – volles Tempo. Einzelne Abschnitte laufe ich im Tempo von 4:10 bis 4:20 Min.! Und von den rund 7 verlorenen Minuten hole ich fast 4 Minuten auf. 

Mittlerweile hat es wieder heftig angefangen zu schneien, wir nähern uns der langen Zielgeraden. Neben mir bekommt jemand auf den letzten 500 m einen höllischen Krampf und kann keinen Schritt weitergehen. Der Lauffreund bringt ihn noch mit über die Ziellinie – der Hermann ist hart !! 

Ich erreiche mit 2:33:25 Std. erreiche das Ziel, nicht meine Wunschzeit erreicht – aber zumindest fast 3 Minuten schneller als im Vorjahr. Normalerweise sollte es auch mit dieser Zeit reichen, nächstes Jahr wieder in Startblock A zu starten. 

Schnell versorgt an den Verpflegungsstellen wo es neben Würstchen, Obst , leckeren warmen Tee gibt. Das Wetter ist mehr als uselig und ich mache mich wieder schnell auf den Beinen um meinen Kleiderbeutel zu holen, denn ich wollte an der Ziellinie stehen, wenn mein Schatz kommt. Sie kommt auch mit tollen 3:10 Std. ins Ziel und das mit dieser bescheidenen Vorbereitung. 

Wahnsinn! Jeder auf seine Art ist mit diesem Lauf zufrieden. Nun heißt es Training weiter für den Rennsteig-Marathon wieder sehr profiliert.

 

245. Wettkampf Datum Distanz Zeit Gesamtplatz AK-Platz Schuh
 Detmold/Bielefeld 24.04.2016 31,1 km 2:33:25 Std. .602 von 5.720 81. von 705 Brooks Glycerin